Kunst aus der Dose: Ein Stück Geschichte schmückt EVL-Umspannanlage
Ob als Symbol gegen Gewalt an Frauen auf einem Heizwerk, tropischer Ausblick auf eine Umschaltanlage oder Schmetterling, der einen Gasschrank ziert: Für die Energieversorgung Leverkusen GmbH Co. KG (EVL) sind Graffitis mehr Kunstwerk als illegale Schmiererei. Der Energieversorger nutzt die Kunst, um Farbe in die Stadt zu bringen. Jens Lagemann ist einer der Künstler aus der Graffiti-Szene, der die Flächen in Leverkusen aufwertet. Der Street Art-Künstler konnte erst kürzlich auf der Umspannanlage des Energieversorgers ein Stück Geschichte in Szene setzen. Die EVL verrät, was es mit dem Werk auf sich hat.
Nicht immer integrieren sich die farbigen Kunstwerke, die die EVL-Flächen zieren, in ihr Umfeld. Und das ist auch gut so: Denn oft sind die bunten Werke ein Blickfang, der die Aufmerksamkeit der Leverkusenerinnen und Leverkusener direkt auf sich und aktuelle Themen zieht. So auch das Neueste der 33 Motive, die sich auf Stromkästen und Gasschränken in ganz Leverkusen verteilen. Kein Geringerer als EVL-Haus und Hof-Künstler Jens Lagemann hat das Kunstwerk auf der Wand der EVL-Umschaltanlage an der Schlebuscher Straße umgesetzt: „Dieses Mal war es aber etwas ganz Besonderes für mich, denn das Werk ist während der Pandemie entstanden, davon geprägt und sozusagen ein Zeitdokument“, sagt Lagemann.
Geschichten hinter Masken
Ein Fernsehbeitrag über den Bildband #behindthemask des Fotografen Marcel Gregory Stock hat Lagemann auf die Idee gebracht. Der Fotograf ist 2020 mit zwei Stableuchten und einer Kamera durch Deutschland gereist und hat währenddessen 25.000 Porträts von Menschen mit Masken abgelichtet. 150 davon sind in seinem 224 Seiten starkem Bildband zu sehen. „Von der Kassiererin bis zum Künstler und vom Make-up-Artist zum Minister bilde ich einen Querschnitt unserer Gesellschaft ab und ergründe die Gefühle sowie Geschichten hinter der Maske“, sagt Stock.
Ein Porträt hat Lagemann in Rücksprache mit dem Fotografen auf der Umschaltanlage der EVL besonders beeindruckt – das von Pflegekraft Alexandro Alex Kuzzo und Lokführer Eloy Perez Valdes. Seit drei Jahren sind der gebürtige Kubaner und Deutsche ein Paar, welches Marcel Stock in seinem Fotostudio in Limburg an der Lahn fotografiert hat. „Das Bild zeigt zwei starke, gestandene Männer, die sich lieben, die füreinander da sind und sich während dieser schwierigen Zeit Trost spenden“, sagt der Fotograf.
Mit einem Wandbild ein Statement setzen
Und warum haben sich Jens Lagemann und Marcel Stock ausgerechnet für das Bild mit Alexandro und Eloy entschieden? „Das Bild von den beiden erinnert nicht nur an Corona und fängt wundervoll die Emotionen der beiden ein, sondern macht zudem deutlich, dass Liebe keine Grenzen kennt und jeder ein Recht hat, offen damit umzugehen. Leider ist dies aber in vielen Teilen der Welt und Gesellschaft noch nicht der Fall“, sagt Lagemann. Über die aussagekräftige Visualisierung freut sich auch die EVL: „Das Porträt zeigt, dass in unserer Stadt Vielfalt und Toleranz oberste Priorität haben“, so Thomas Eimermacher, kaufmännischer Geschäftsführer bei der EVL.
Bis zum fertigen Kunstwerk waren jedoch aufwendige Vorarbeiten und insgesamt 15 Stunden, verteilt auf drei Wochenenden für die Fertigstellung nötig. Ein sogenanntes Doodle Grid aus willkürlichen Zeichen, die als Orientierungshilfe für die Skizzierung an der Wand dienen, halfen Lagemann, sich zu orientieren. Bei der Umsetzung ließ Stock Lagemann freie Hand: „Ich freue mich über seine persönliche Interpretation, denn was gibt es Schöneres, wenn aus Kunst neue Kunst entsteht?“ An die plakative Gestaltung, die für einen echten Hingucker an der Fixheide sorgt, will der Energieversorger in diesem Jahr weiter anknüpfen und plant bereits weitere Projekte mit der freien Graffitiszene Leverkusens. „Die EVL wird auch weiterhin die Stadt optisch aufwerten und wenn möglich auf wichtige Themen aufmerksam machen. Aktuell setzt Herr Lagemann jeweils ein Porträt in Zusammenarbeit mit zwei anderen Künstlern für uns um“, so Thomas Eimermacher.