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„Mut zur Veränderung“: EVL-Aufsichtsratsvorsitzende im Gespräch

28.01.2022
Lesezeit: 9 min.

In Sachen Klimaschutz und Gleichberechtigung machen Susanne Fabry (53) und Milanie Kreutz (47) keine Kompromisse. Als erste Aufsichtsratsvorsitzende der Energieversorgung Leverkusen GmbH & Co. KG (EVL) bringen sie einen anderen Blickwinkel mit, um den Energieversorger in die Zukunft zu führen. Ein Einblick.

Frau Fabry, Sie sind jetzt seit April als Vorstand der RheinEnergie AG im Amt, wie haben Sie sich in Ihrer neuen Position und vor allem im Rheinland eingelebt?

Susanne Fabry: Das Leben im Rheinland ist ja im Moment ehrlich gesagt ganz schön schwierig. Karneval und vieles mehr ist abgesagt. Dabei hatte ich mir so gewünscht, meine erste Session hier mitzuerleben. Dennoch ist das Einleben bei der RheinEnergie relativ einfach, weil es einem die Leute einfach machen. Ich bin sehr gut aufgenommen und eingeführt worden in die jeweiligen Ämter und es macht mir wirklich Spaß. Auch innerhalb meines Team merke ich, dass wir zusammen angekommen sind, denn wir finden schon gemeinsam Lösungen, auch für schwierige Fragen.

Frau Kreutz, Sie sind nicht nur Vorsitzende bei der dbb bundesfrauenvertretung, sondern seit 2020 auch Fraktionsvorsitzende der Leverkusener Rats-SPD. Wie erleben Sie dieses politische Amt und was machen Sie nach getaner Arbeit, um auf andere Gedanken zu kommen?

Milanie Kreutz: Entspannen ist schwierig, denn man muss Politik machen wollen. Ansonsten wird es tatsächlich zu anstrengend. Aber ich habe mich dafür ganz bewusst entschieden. Denn wir sind damals mit der SPD angetreten, als es nicht so gut für die Partei aussah. Aber die Themen waren mir wichtig und in der Kommunalpolitik ist es nicht von Bedeutung, welcher demokratischen Partei du angehörst. Denn in einer Kommune gehen die Meinungen bei den Demokraten nicht so weit auseinander. Aber du musst den Willen haben, Entscheidungen herbeizuführen und eine gewisse Gradlinigkeit an den Tag legen, um Dinge auf den Weg zu bringen. Dem habe ich mich aufgrund meiner Erfahrung beim dbb gewachsen gefühlt.

Milanie Kreutz und Susanne Fabry sind seit 2021 die neuen Aufsichtsrätinnen bei der EVL.

Seit vergangenem Jahr sind Sie zudem gemeinsam und alternierend Aufsichtsratsvorsitzende bei der EVL. Wie ist generell Ihr Blick auf das Unternehmen nach der bisherigen Zeit und was macht die Energieversorgung Leverkusen für Sie aus?

Kreutz: Ich habe die EVL immer als ganz wichtigen Player in der Stadt gesehen. Sie hilft schnell, packt an und sie hat auch eine große soziale Rolle in Leverkusen. Die EVL gehört zum Stadtbild und ist in den Köpfen der Menschen. Zudem zählt sie zu den wichtigsten Töchtern der Stadt, die in einem großen Maße in den Haushalt von Leverkusen investiert.

Fabry: Wir haben natürlich als Miteigentümer eine gewisse Ergebniserwartung an die EVL. Das heißt, dass sie neben der Bedeutung, die sie in Leverkusen hat, auch ein einträgliches Ergebnis für unser Investment auswirft. Insgesamt macht die EVL aus meiner Sicht inhaltlich einen guten Job. Gerade mit Blick auf das Hochwasser haben wir gemerkt, dass die Kolleginnen und Kollegen super arbeiten.

Welche Impulse möchten Sie in den kommenden Jahren durch Ihre Tätigkeit im Aufsichtsrat setzen oder haben Sie schon gesetzt? Gibt es vielleicht Themen, die Ihnen besonders am Herzen liegen für oder mit der Arbeit bei der EVL?

Kreutz: Als ich bei der EVL als Aufsichtsratsvorsitzende angefangen habe, startete ein extern unterstützter Analyseprozess. In diesem Prozess wurde das Unternehmen genau auf Potenziale untersucht und ist nun auf der Zielgeraden. Daraus werden neue Aufgabengebiete für die EVL folgen. Zudem haben wir erst Mitte Dezember 2021 einen Antrag von SPD, CDU und den Grünen im Rat der Stadt Leverkusen verabschiedet, wodurch die Energieversorgung in Leverkusen bis 2033 klimaneutral werden soll. Wir wollen, dass das Unternehmen hierbei die Federführung als Energieversorger übernimmt und die Synergien der übrigen Player in Leverkusen bündelt sowie verknüpft, um uns auf den richtigen Weg zu bringen.

Fabry: Das Thema „grüne Wärme“ ist mit Blick auf das Thema Klimaneutralität für die EVL und auch für Leverkusen enorm wichtig. Da gibt es angesichts der großen Leverkusener Industriebetriebe für das Unternehmen einige Potenziale bei dem Angebot dezentraler Wärmekonzepte. Auch wenn ich an bauliche Neuentwicklungen wie neue Quartierskonzepte denke, steckt mit den dezentralen Wärmekonzepten noch viel drin auf dem Weg hin zur Klimaneutralität.

Welche Potenziale hat Ihrer Meinung nach den die EVL konkret?

Kreutz: Gerade im Bereich des Vertriebs stecken noch viele Möglichkeiten und ich habe die EVL in den Gesprächen immer als sehr offen für neue Themen empfunden. Von daher denke ich, dass es für das Unternehmen noch viele Möglichkeiten in der Stadt gibt, sich einzubringen.

Fabry: Ich denke, dass das Thema Digitalisierung viel Potenzial für die EVL bereithält. Viele Prozesse können so einfacher gestaltet werden sowohl intern wie auch extern für die Kundinnen und Kunden. Bei der RheinEnergie sind wir zurzeit beispielsweise dabei, das Thema 450-MHz-Frequenzen auszubauen, was sicherlich auch interessant für die EVL und Wohnungswirtschaft ist. Denn diese bieten sich an, um kosteneffizient ein funktionsfähiges, ausfallsicheres Funknetz aufzubauen und auch durch die Zusammenarbeit mit der Rheinische Netzgesellschaft (RNG) und den weiteren Stadtwerken im RheinEnergie-Verbund wird die EVL weitere Impulse bekommen und Akzente setzen, um ihr Geschäft weiterauszubauen.

Kreutz: Um Energie in Zukunft bezahlbar zu machen, ist es zudem sinnvoll, auf Kooperationen mit anderen Stadttöchtern und Unternehmen aus Leverkusen zu setzen. So können wir auch die Möglichkeit schaffen, Energie aus Erneuerbaren jedem zugänglich zu machen.

Fabry: Ein wichtiges Thema dabei ist auch die Versorgungssicherheit. Strom ist immer da und doch werden wir mehr Flexibilität benötigen, um die Netzstabilität im Zuge der Energiewende sicherzustellen. Denn wir werden noch mehr Stromverbraucher im Verteilnetz haben. Dafür werden intelligente Lösungen eine wichtige Rolle spielen, was zum einen mehr Digitalisierung und auch mehr Netzausbau und weitere Investitionen mit sich bringen wird. Energiewende heißt nicht, dass nichts passiert. Ein weiteres großes Thema wird darüber hinaus der demografische Wandel sein. Dabei arbeiten wir stetig daran, wie wir die Menschen in die Unternehmen bekommen, die die Energiewende umsetzen.

Dafür ist es sicherlich auch hilfreich die Branche für Frauen attraktiver zu machen, oder? Denn gerade in technischen Bereichen sind Frauen unterrepräsentiert.

Kreutz: Definitiv. Wir haben das Problem, dass wir Berufe stigmatisieren. Ich glaube, das kriegen wir nur aus den Köpfen, wenn wir Vorbilder haben. Dabei ist auch das Thema Schule und Betrieb sehr wichtig. Wir müssen uns gerade in den technischen Bereichen vielfältiger zeigen und dass, was wir gewöhnt sind, ändern. Das bedeutet auch Akzeptanz zeigen und Verantwortung in jeder Lebenslage übernehmen, wenn es beispielsweise um die Kinderbetreuung geht. Das ist keine Frage des Geschlechts. Ich würde mir deshalb wünschen, dass junge Frauen, die noch voller Ideale sind, sich nicht entscheiden müssen zwischen Karriere und Familie. Und die Aufgabe der Politik und Unternehmen ist es deshalb dafür Rahmenbedingungen zu schaffen.

Fabry: Oft wird Frauen unterstellt, dass sie im technischen Bereich nicht versiert genug sind. Aber wir können es. Das ist ein gesellschaftliches Problem, an dem wir arbeiten müssen. Und was mir generell auffällt ist, dass Frauen sich oft bestimmte Dinge nicht zutrauen und mehr Unterstützung benötigen. Deshalb würde ich mir wünschen, dass junge Frauen und Frauen an sich, mutiger werden.

Welche Vorteile hat denn eine weibliche Perspektive mit Blick auf die Prozesse und vor allem die Führung in einem Unternehmen?

Kreutz: Frauen führen meiner Meinung nach anders. Denn sie besitzen die Stärke, durch Kommunikation und emotionale Intelligenz eine Wellenlänge aufzubauen. Dadurch entsteht oft ein eher kooperativer Führungsstil, der den Unternehmen zugutekommt.   

Fabry: Hinzu kommt, dass es der Mix macht. Ich habe ganz viel mit Männern zusammengearbeitet, die mir immer zurückgespiegelt haben, dass sich durch meine Anwesenheit das Klima in der gesamten Gruppe positiv verändert hat. Zudem verändert und verbessert sich die gesamte Zusammenarbeit, wenn mehr Frauen involviert sind, was auch viele Studien belegen.

Wo wir gerade bei Zusammenarbeit sind und mit Blick auf die Zukunft: Gibt es noch etwas, was Sie dem Unternehmen mit auf den Weg geben möchten?

Kreutz: Ich wünsche mir, dass die EVL mutig mit all den genannten Herausforderungen und Chancen in das neue Jahr aufbricht.

Fabry: Und ich kann nur sagen: Mut zur Veränderung. Wir unterstützen sie dabei.

Wir danken Susanne Fabry und Milanie Kreutz herzlich für das interessante Gespräch und wünschen beiden weiterhin viel Erfolg für ihre Ämter.

Susanne Fabry sammelte über viele Jahre in verschiedenen kommunalen und regionalen Unternehmen von E.ON berufliche Erfahrung im Netz. Ihr Know-how bringt die studierte Juristin seit dem 1. April als Vorstand Netze und Arbeitsdirektorin bei der RheinEnergie AG ein. Ihre Schwerpunkte liegen dabei auf den Bereichen Netz, Strom, Gas, Wasser und Fernwärme sowie dem gesamten Thema Personal. Darüber hinaus engagiert sich die Stiefmutter von zwei „Beute“-Söhnen und drei Enkelinnen seit über 30 Jahren im politischen Bereich bei der SPD und im Komitee-West von „Frauen in die Aufsichtsräte (FidAR)“ hier in der Region.

Milanie Kreutz engagiert sich seit 25 Jahren für die Rechte der Frauen im öffentlichen Dienst und in der Gesellschaft. Als gelernte Finanzwirtin begann sie ihre Karriere bei der Finanzverwaltung Nordrhein-Westfalen und koordinierte erst die Ausbildungen, bevor sie zur Oberfinanzdirektion wechselte. Seitdem ist sie für personelle Angelegenheiten und neue Arbeits- und Organisationsformen zuständig. Als SPD-Fraktionsvorsitzende engagiert sie sich darüber hinaus im Rat der Stadt für Leverkusen und führt durch ihr Amt als EVL-Aufsichtsratsvorsitzende die Energieversorgung Leverkusen in eine grüne Zukunft. Dass der Mutter von zwei Söhnen das Thema Gleichstellung wichtig ist, zeigt sie zudem als Leitung der Frauenabteilung beim Deutschen Beamtenbund, deren Vorsitz sie 2020 übernahm.