Unternehmen & Mitarbeiter

EVL-Betriebsrat: Mitbestimmen, um etwas in Bewegung zu bringen

20.05.2022
Lesezeit: 7 min.

Aktive Mitbestimmung und Engagement für die Kolleg:innen – der Betriebsrat der Energieversorgung Leverkusen GmbH & Co. KG (EVL) ist das Sprachrohr für die Belegschaft des Energieversorgers. Ein offenes Ohr, Vertrauen und manchmal auch Durchsetzungskraft sind die wesentlichen Merkmale der Arbeit des Betriebsratsteams. Einer, der sich seit 24 Jahren im Namen des Betriebsrats für die Mitarbeitenden einsetzt, ist Stefan Harnacke. Der Controller und Betriebsratsvorsitzende der EVL gibt einen Einblick in die Betriebsratsarbeit.

Wie lange arbeitest Du schon bei der EVL und in welcher Position?

Stefan Harnacke: Einige behaupten, ich würde hier gar nicht arbeiten. Spaß beiseite. Im August bin ich tatsächlich 42 Jahre bei der EVL. Angefangen hat alles mit meiner Ausbildung zum Industriekaufmann. Danach bin ich in der Debitorenbuchhaltung sowie der Rechnungsschreibung tätig gewesen und seit 1991 im Controlling beschäftigt. Um auch mal über den Tellerrand zu schauen, habe ich zwischendurch zwei Fortbildungen zum Industriefachwirt sowie Betriebswirt (VWA) gemacht und in Nebenjobs mal geschaut, wie das Arbeiten außerhalb der EVL funktioniert. Darüber hinaus engagiere ich mich im Betriebsrat.

Stefan Harnacke und sein Stellvertreter Frank Dick (l.) bilden die Spitze des EVL-Betriebsrates.

Und seit wann bist Du im Betriebsrat tätig und in welcher Rolle?

Meine erste Bewerbung endete mit dem Platz als erstes Ersatzmitglied. Das war erstmals vor 24 Jahren. Davon bin ich nicht ganz neun Jahre Betriebsratsvorsitzender. Mit der neuen Periode im April 2022 setze ich dieses Amt für die kommenden vier weiter fort.

Wie viele Mitglieder gibt es denn insgesamt und was sind eure Aufgaben?

Die Zahl der Betriebsräte hängt von der Zahl der Arbeitnehmer:innen ab. Wir sind zu neunt – so viele müssen auf einer Sitzung auch möglichst immer da sein. Zudem unterstützen uns sechs Ersatzmitglieder. Allen ist gemein, dass sie die Arbeitnehmerrechte kennen und durchsetzen.

Und was sind konkret Deine Aufgaben als Betriebsratsvorsitzender?

Dem Betriebsverfassungsgesetz nach, sage ich scherzhaft, bin ich der Briefträger des Gremiums. Alles, was der Arbeitgeber hereingeben will, muss er mir (oder in Abwesenheit meinem Stellvertreter) geben. Dann berät und entscheidet das Gremium. Dazu darf ich einladen und habe die Sitzungsleitung. Das Ergebnis muss ich dann dem Arbeitgeber überbringen. Ansonsten bin ich nicht mehr als jedes andere Mitglied.

Warum ist so ein Betriebsrat eigentlich wichtig?

Es gab neulich eine Studie die belegte, dass Arbeitsplätze in Betrieben mit Betriebsrat sicherer und besser bezahlt sind als solche in Betrieben ohne. Viele kennen sich mit dem Thema Arbeits- und Tarifrecht überhaupt nicht aus und so sind viele Arbeitnehmer:innen in konkreten Situationen überfordert. Da setzt der Betriebsrat an und hilft.

Worauf legt ihr als Betriebsrat der EVL Wert?

Also zuerst einmal hört sich der Betriebsrat die Anliegen der Kolleg:innen an. Wenn die Interessen bereits ausreichend berücksichtigt sind, ist es damit auch erledigt. Wenn das nicht so ist, dann sind wir bereit und entschlossen, alle Möglichkeiten zu nutzen. Wir können von freundlich bis Arbeitsgericht. Wir reden mit jedem, geben aber nicht jedem recht. Uns ist Sachlichkeit wichtig, also erst mal aufklären und verstehen. Daraus folgt handeln, sofern es möglich ist. Wir haben ja nicht überall Mitbestimmungsrechte im Sinne gemeinsamer Gestaltung. In einigen Arbeitsfeldern, wie beispielsweise bei Organisationsänderungen oder Eingruppierungsfragen haben wir nur ein Mitwirkungsrecht, können also Informationen anfordern, Vorschläge machen oder haben ein Beratungsrecht.

Wichtig ist grundsätzlich bei der Arbeit im Betriebsrat die Kompromissfähigkeit. Das bedeutet aber nicht immer die „goldene“ Mitte, sondern dass man auch mal in einer Frage auf die Zähne beißen muss. Beim nächsten Mal kann das Pendel dann aber auch wieder in deine Richtung tendieren. Am Ende gilt immer die gemeinsame Entscheidung, die wir im Betrieb vertreten und verständlich für die Mitarbeitenden kommunizieren müssen. Last but not least ist uns Kollegialität, sozialer Ausgleich und Integration wichtig.

Das heißt konkret für die Arbeitnehmer:innen der EVL?

Individuell für den Einzelnen ist das sehr vielschichtig. Ich würde sagen Beratung trifft es am besten. Manche suchen Antworten, manchen wollen sich Luft machen und viele brauchen einfach nur Informationen. Sehr oft geht es darum, die eigene Position und (verschiedene) Wege der möglichen Durchsetzung zu finden. Dabei geht es auf dieser Ebene sehr stark um Vertrauen zueinander und die Verschwiegenheit des jeweiligen Betriebsrates.

Nicht zu unterschätzen ist die Aufgabe „Vernetzung“. Man muss das Rad nicht immer neu erfinden, kreative Lösungen sind durchaus auch mal wert sie zu übernehmen. Gerade als Betriebsrat im kommunalen Unternehmen muss man auch Kontakte in die Politik halten und sich mit der Stadt und ihren anderen Töchtern austauschen.

Jetzt haben wir schon ganz viel über die Möglichkeiten gesprochen, was habt ihr in den letzten Jahren für die EVL-Belegschaft in die Tat umgesetzt?

Das Jobrad ist zum Beispiel ein Gewinn für beide Seiten. Ich denke an dieser Stelle aber auch gerne an unsere Erfolge in Sachen Höhergruppierung der Monteurstellen zum Anfang diesen Jahres und die aktuelle Beschäftigungssicherung bis 2026. Das Altersteilzeitangebot wird sehr gut angenommen. Seit der Umgestaltung der Betriebsvereinbarung „Ideenmanagement“ ist die Zahl der eingereichten Vorschläge stark gestiegen, denn damit ist jetzt auch bei Umsetzung eine Prämie verbunden.

Wir haben aber auch viel für Einzelne erreicht. Ich denke da an Versetzungen auf andere Stellen, wenn der Körper nicht mehr so mitmacht, zügigere Umgruppierungen, die Beschaffung von Hilfsmitteln bei Einschränkungen, aber auch den Einsatz dafür, Kolleginnen und Kollegen eher als Externe auf ausgeschrieben Stellen zu bekommen.

Der frisch gewählte Betriebsrat der EVL kümmert sich für weitere vier Jahre um die Belange der Mitarbeitenden.

Du hast vorhin gesagt, dass ihr manchmal auf die „Zähne beißen“ müsst, was motiviert Dich in so einer Situation?

Da gibt es so einiges: Erfolge für die Belegschaft, gute Gespräche und wenn ich jemandem helfen kann. Aber auch die Beteiligung an der zukunftsfähigen und moderneren Aufstellung der EVL, wie sie kürzlich für die Umgestaltung der Vertriebsorganisation geschehen ist. Die Möglichkeit, ständig dazu zu lernen, macht mir Spaß, aber auch die Verschiedenartigkeit der Menschen, mit denen ich zu tun habe sowie die Herausforderung, mich auf sie einzustellen. Damit geht auch die Erweiterung meiner Menschenkenntnisse einher.

Zu sehen, was hier schon ganz gut läuft und dass nicht alles, aber einiges besser wird, spornt mich an. Und das Engagement der Kolleg:innen motiviert, wenn es zum Beispiel um die Bienenwiesen- oder die Baumpflanzaktion geht. Und der Wille, Dinge durchzusetzen.

Das klingt ganz danach als gingest du mit voller Motivation in die neue Wahlperiode. Was sind Themen, die beim EVL-Betriebsrat zukünftig anstehen?

Ich hoffe, dass sich das Thema Corona bald einfacher handeln lässt, da es ein extremer Zeitfresser war und ist. Kurzfristig wollen wir eine Betriebsvereinbarung zur mobilen Arbeit umsetzen und mittelfristig das Jobticket attraktiver für unsere Mitarbeitenden machen. Sprich bessere Konditionen anbieten.

Langfristig beschäftigen wir uns damit, wie unsere Kolleginnen und Kollegen im höheren Alter noch gut bei der EVL arbeiten können. Denn durch die Heraufsetzung des Rentenalters sind wir länger im Betrieb als noch vor einigen Jahren. Entlohnungsgerechtigkeit, die Gewinnung qualifizierten Nachwuchses und Arbeitsplatzsicherheit werden ebenfalls große Themen bleiben. Ein weiterer Schwerpunkt wird die zunehmende Digitalisierung sein, dabei gilt es auch die Interessen der Belegschaft angemessen zu berücksichtigen. Es gibt also noch einiges für uns zutun und darauf freuen wir uns als Betriebsrat.

Wir danken Stefan Harnacke für das interessante und informative Gespräch und wünschen ihm sowie dem Betriebsrat weiterhin viel Erfolg!