Energie & Wasser

Energiearmut: So geht die EVL mit dem Thema Sperrungen um

07.10.2022
Lesezeit: 5 min.

Gestiegene Heiz- und Stromkosten führen bei einkommensschwachen Haushalten oft zu Energiearmut. Schon jetzt ist klar, dass sich wahrscheinlich viele Geringverdiener in diesem Winter die gestiegenen Energiepreise nur schwer leisten können. Wenn Betroffene ihre Rechnungen nicht mehr zahlen können, riskieren sie eine Sperrung. Dann sind selbst alltägliche Dinge wie Kochen, Heizen und Wäschewaschen nicht mehr möglich. Bis dahin ist es aber ein weiter Weg, den die Energieversorgung Leverkusen GmbH & Co. KG (EVL) mit Augenmaß und im Dialog bestreitet. Damit dieser Fall nicht erst eintrifft, kümmert sich Ralf Zimmermann mit seinen 22 Mitarbeitenden bei der EVL um die betroffenen Haushalte. Eine Reportage aus der Praxis der EVL.

Es ist kurz vor acht Uhr morgens, als Ralf Zimmermann im EVL-Kundencenter im Wiesdorfer City Point seinen Dienst beginnt. Heute wird sich der Bereichsleiter Abrechnung, Forderungsmanagement und Marktkommunikation wieder mit Fällen beschäftigen, bei denen EVL-Kundinnen und Kunden ihre Rechnung nicht bezahlt haben. „Wir sind nicht die Einzigen, die kein Geld erhalten. Meist sind wir aber die Letzten, die eine Zahlung beglichen bekommen. Denn viele Kunden gehen davon aus, dass Strom dauerhaft fließt“, sagt Ralf Zimmermann.

Und er muss es wissen, denn gut 44 Jahre kümmert er sich schon unter anderem um jährlich 400 Sperrungen über alle Sparten hinweg. „Einerseits sind das auf 90.000 Zählpunkten im gesamten Stadtgebiet nicht viele und wir gehen nicht leichtfertig mit einer Sperrung um, aber andererseits ist es auch ein wirtschaftlicher Schaden für das Unternehmen, den wir abwenden müssen“, sagt Zimmermann über die Notwendigkeit der Maßnahme, während schon wieder das Telefon klingelt.

Flexibel und mit Augenmaß

Bei geringen Beträgen geht es allerdings noch nicht los: Die Energieversorgung Leverkusen sperrt in der Regel erst ab einem Zahlungsrückstand von 200 Euro. Vorgeschrieben sind laut Gesetzgeber 100 Euro. Das bedeutet, wenn die Abrechnung kommt, ist die EVL bereits für den ersten Abschlag in Vorleistung gegangen. Bleibt die Zahlung weiterhin aus, mahnt die Energieversorgung nach vier bis fünf Werktagen an. Diese sogenannte Mahn- und Sperrandrohung mit einem Zahlungsziel kommt vier Wochen vorher und ist ebenfalls vom Gesetzgeber vorgegeben. „Wird dann nicht gezahlt, wird gesperrt und die Küche bleibt kalt. Bis dahin sind meist aber schon zwei Monate seit dem ersten fälligen Abschlag vergangen“, sagt der Bereichsleiter der EVL.

Acht Tage vorher werden die Kundinnen und Kunden dann nochmals über die sogenannte Sperrankündigung informiert, dass bald keine Energie mehr fließt. „Diejenigen, die in der Grundversorgung sind, erhalten darüber hinaus dann sogar noch die Möglichkeit, eine Abwendungsvereinbarung zu unterzeichnen, wodurch die versäumten Abschläge in Raten abgezahlt werden können. Wird diese unterzeichnet und ist der erste Abschlag bei uns eingegangen, wird auch nicht gesperrt.“  Und bei einer makellosen Bonität drückt Ralf Zimmermann auch schon mal ein Auge zu. „Denn manchmal sind Kundinnen und Kunden dabei, die zum ersten Mal vergessen haben, ihre Rechnung zu begleichen, weil sie zum Beispiel im Urlaub oder umgezogen sind.“ Das sind zwar die wenigsten, aber diese Kundinnen und Kunden erhalten dann eine Zahlungserinnerung.

Am besten ist es, sich mit uns frühzeitig in Verbindung zu setzen, denn je mehr Zeit vergeht, desto schwieriger wird die Problemlösung.“

Ralf Zimmermann

Damit erst gar keine Sperrung eintritt, empfiehlt die EVL jedem Kunden zu prüfen, inwiefern die monatlichen Abschlagszahlungen zu dem tatsächlichen Verbrauch passen, um so hohe Nachzahlungen zum Ende des Abrechnungszeitraumes zu vermeiden. „Hilfreich ist es zudem, auf den Energieverbrauch zu achten und Einsparpotenziale zu ermitteln. Da helfen zum Beispiel neben einer Tarifberatung auch unsere Energieberater weiter“, sagt Zimmermann. Diese erreichen Interessenten telefonisch im City Point der EVL, oder nach einer Terminvereinbarung kommen die EVL-Mitarbeiter auch in die eigenen vier Wände. Und was können EVL-Kundinnen und Kunden machen, wenn die Stromsperre kurz bevorsteht? „Am besten ist es, sich mit uns frühzeitig in Verbindung zu setzen, denn je mehr Zeit vergeht, desto schwieriger wird die Problemlösung“, sagt Ralf Zimmermann. Unterstützung bekommt er dann beispielsweise vom Jobcenter, der Arbeiterwohlfahrt und dem Mieterverein, mit denen die EVL seit vielen Jahren zusammenarbeitet. Folgende Möglichkeiten stehen dann zur Verfügung:

  • Ratenzahlung. Nicht möglich bei Abschlägen, aber bei der Jahresabrechnung.
  • Summe der Rückstände verringern, indem Abschlagszahlungen für eine bestimmte Zeit erhöht werden.
  • Beim Erhalt von Sozialleistungen, Darlehen vom Jobcenter oder dem Sozialamt leihen.

Mit Blick auf die Energiekrise hilft die Energieversorgung Leverkusen zusätzlich, indem sie die Sperrgrenze vorerst auf 500 Euro angehoben hat. Ganz aussetzen wird die EVL die Sperrungen aber nicht. Vor dem Hintergrund der Krise wird die EVL mit noch mehr Fingerspitzengefühl agieren. Komplettverweigerer, die beispielsweise gar nicht auf Kontaktversuche reagieren, wird es weiterhin treffen. Bei Kundinnen und Kunden, die kooperieren, wird es eine individuelle Betrachtung mit Augenmaß geben.

Bevor das Kind in diesem Winter in den sprichwörtlichen Brunnen fällt, arbeitet die EVL auch an den Ursachen von Energiearmut mit. Der Energieversorger engagiert sie sich im Rahmen des Runden Tisch „Grundsicherung Energie Leverkusen“, um Geringverdienern ein umfassendes und unbürokratisches Hilfs- und Beratungsangebot anzubieten. Ein Baustein ist dabei die Kooperation mit der Sparkasse Leverkusen und weiteren Partnern in der Stadt, bei denen die EVL kostenlose Energieberatungen und Vorträge anbietet. Informationen zu den Vorträgen sowie weiterführende Informationen zur aktuellen Situation auf dem Energiemarkt stellt die EVL Interessenten auf ihrer unternehmenseigenen Website zur Verfügung.