Energie & Wasser

Dat Wasser vun Rhingdörp es joot

16.07.2020
Lesezeit: 5 min.
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„Erklären Sie meiner Mutter bitte, dass man das Wasser aus der Leitung trinken kann“, sagt die Besucherin bei einer Abendveranstaltung auf dem Wasserturm. Die Mutter hat – wie viele ältere Leverkusener – Bedenken. Unweit der Altlast Dhünnaue erinnert sich die Frau an vergangene Jahrzehnte, in denen viele Leverkusener Stadtteile ihr Wasser aus der Uferzone des damals noch wesentlich stärker verschmutzten Rheins bezogen. Auch vor 50 Jahren konnte man das Wasser trinken, aber in der Chemie- und Farbenstadt sind die Vorbehalte groß. Heute jedoch völlig unbegründet. Der Großteil des Leverkusener Trinkwasser kommt gar nicht aus dem Stadtgebiet, sondern aus der 19 Kilometer entfernten Großen Dhünn-Talsperre. Das andere Drittel bezieht die EVL aus dem eigenen Wasserwerk Rheindorf im Friedenspark.

Aus der Großen Dhünntalsperre bezieht die EVL zwei Drittel ihres Trinkwassers.

Um die hohe Trinkwasser-Qualität kümmern sich EVL-Mitarbeiter wie Alexander Boßhammer. „Das Leverkusener Trinkwasser kann in jedem Stadtteil bedenkenlos getrunken werden“, sagt der Georessourcenmanager, der das Thema Nitratwerte zu seinen wichtigsten Aufgabengebieten zählt. Doch was sind eigentlich Nitrate, die in Zusammenhang mit Stichworten wie „Überdüngung“ und „Gülle-Importen“ immer wieder durch die Medien geistern? In allen Böden und Gewässern befinden sich Nitrate. So auch in Leverkusen. Da Nitrate von Pflanzen als Hauptnährstoffe verwertet werden, setzt die Landwirtschaft die Stickstoffverbindung seit vielen Jahrhunderten als Düngemittel ein.

„Das Leverkusener Trinkwasser kann in jedem Stadtteil bedenkenlos getrunken werden.“

Alexander Boßhammer, Georessourcenmanager und Leiter der Landwirtschaftskooperation

Durch die Intensivierung der Landwirtschaft stiegen die Nitratwerte im Leverkusener Grundwasser bis Anfang der 1980er-Jahre stetig an. Deshalb begann die EVL 1982 mit einer flächendeckenden Nitratuntersuchung. Ein Nitratatlas wurde erstellt und erste Gespräche mit der Landwirtschaftskammer Rheinland und den umliegenden Landwirten geführt. „Die EVL hat sich damals als einer der ersten Trinkwasserversorger in der Region intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt“, sagt Alexander Boßhammer.

Ein Zeitungsartikel von 1985. Schon damals waren die Nitratwerte ein Thema.

Die Gespräche von Boßhammers Vorgängern mündeten ab 1985 in der Gründung einer sogenannten „Gülleausbringungsgemeinschaft“. Finanziell unterstützt von der EVL, wurden schonende Düngemaschinen und -Methoden ausprobiert. EVL und Landwirtschaftskammer berieten die Landwirte über eine gezieltere Düngung. „Damals wurde ausprobiert, nur so viel Nitrat auszubringen, wie der Boden benötigt“, sagt Boßhammer. Was heute selbstverständlich klingt, war früher noch Pionierarbeit. „Der ständige und gute Dialog zwischen uns und den Landwirten sowie die Maßnahmen führten dann ab Ende der 1980er-Jahre zu sinkenden Nitratwerten.“ 1993 wurde die offizielle Kooperation „Gewässerschutz Rheinschiene Süd“ gegründet.

Von seinem Schreibtisch am Overfeldweg aus koordiniert Alexander Boßhammer die Maßnahmen. Neben der Beratung zahlt die EVL Entschädigung an Landwirte, die auf ihren Äckern ohne zu Düngen Gras wachsen lassen. Diese Flächen liegen zwischen Langenfeld und Rheindorf, da ein Großteil des Grundwassers aus Reusrath kommend in Richtung Wasserwerk Rheindorf strömt. Außerdem gibt es Prämien für niedrige Stickstoffwerte im Boden, für den Verzicht auf bestimmte Pflanzenschutzmittel oder für den Einsatz von „Nützlingen“ in der biologischen Schädlingsbekämpfung. Die Landwirte werden zudem für den Zwischenfruchtanbau entschädigt. Die Zwischenfrüchte, wie zum Beispiel Senf oder Klee, entziehen nach der eigentlichen Ernte im Herbst dem Boden Stickstoff und schützen die Oberfläche vor Erosion.

Alexander Boßhammer am Arbeitsplatz am Overfeldweg.

Das Grundwasser, das sich vor den Toren Rheindorfs bildet, braucht aufgrund je Zusammensetzung und Mächtigkeit der Bodenschicht mehrere Jahre bis es im Wasserwerk Rheindorf ankommt. Dementsprechend dauerte es in den 1980ern auch mehrere Jahre bis die Nitratwerte sanken. „Daher müssen wir mit unserer Arbeit immer am Ball bleiben und die Maßnahmen kontinuierlich fortführen“, sagt Boßhammer. Im Wasserwerk Rheindorf fördern die Trinkwasserbrunnen heute ein qualitativ gutes Rohwasser, das nur noch mit naturnahen Verfahren aufbereitet werden muss. Leverkusener Kunden, die über das Wasserwerk Rheindorf versorgt werden, bekamen 2019 ein Trinkwasser mit einem Nitratwert von durchschnittlich 17,3 mg/l. Erlaubt ist ein Nitratwert von 50 mg/l. „Ab Ausgang Wasserwerk haben sich die Nitratwerte seit 1990 mehr als halbiert. Das ist ein schöner Erfolg unserer Kooperation“, sagt Alexander Boßhammer.

„Ab Ausgang Wasserwerk haben sich die Nitratwerte seit 1990 mehr als halbiert. Das ist ein schöner Erfolg unserer Kooperation.“

Über das Wasserwerk Rheindorf werden Hitdorf, Rheindorf, Bürrig, Küppersteg, Opladen und Alkenrath versorgt. Der Rest von Leverkusen bekommt sein Trinkwasser aus der Großen Dhünn-Talsperre. Im Bereich der Talsperre gibt es ebenfalls eine Landwirtschaftskooperation, in der sich der zuständige Wupperverband mit den Landwirten für die Senkung der Nitratwerte einsetzt. „Bei unserem Talsperrenwasser und dem Rheindorfer Grundwasser haben wir auch keine Probleme mit Mikroplastik und Medikamentenrückständen“, sagt Boßhammer. Diese beiden häufig diskutierten Themen, treffen eher auf Oberflächengewässer wie Flüsse zu.

Die EVL steckt nicht nur viel Zeit und Manpower in die Qualität des Trinkwassers, sie testet vor dem Hintergrund strenger gesetzlicher Vorgaben auch sehr häufig. Von allen Lebensmitteln in Deutschland ist Trinkwasser eines der am strengsten kontrollierten. Wer mehr über die Qualität seines Trinkwassers erfahren möchte, der findet auf dem Portal www.wasserqualität-online.de die Trinkwasseranalysen der EVL. Adressgenau kann jeder Kunde nachvollziehen, welches Wasser er bekommt und wie es sich zusammensetzt.