Energie & Wasser

Probe bestätigt: EVL-Trinkwasser kann bedenkenlos getrunken werden

27.01.2022
Lesezeit: 7 min.

Die Zahl der Anrufer und Anfragen reißt nicht ab: Zahlreiche Trinkwasser-Kunden der Energieversorgung Leverkusen GmbH & Co. KG (EVL) melden sich zurzeit und sorgen sich um die Qualität ihres Leitungswassers. Nach der Mitte Dezember bekannt gewordenen Einleitung von mit Chemikalien und Löschwasser belastetem Abwasser aus einer Kläranlage des Currenta-Entsorgungszentrums in den Rhein gibt es viele Unsicherheiten. Ist etwas in meinem Wasser? Kann ich meinem Baby das Leitungswasser zu trinken geben? Muss ich auf Mineralwasser umsteigen? Und woher kommt eigentlich mein Trinkwasser?

Auch nach der Currenta-Einleitung kann unser Rheindorfer Trinkwasser weiter bedenkenlos getrunken werden.“

Dr. Ulrik Dietzler, technischer Geschäftsführer der EVL

Die gute Nachricht vorweg: „Auch nach der Currenta-Einleitung kann unser Rheindorfer Trinkwasser weiter bedenkenlos getrunken werden“, sagt Dr. Ulrik Dietzler, technischer Geschäftsführer der EVL. Ein Überblick zur aktuellen Situation mit Hintergründen und Analyse-Ergebnissen.

Warum kann das Rheindorfer Trinkwasser getrunken werden?

Nach der Einleitung hat die EVL das Trinkwasser am 10. Januar auf das Insektizid Clothianidin und auf Perfluorierte Tenside (PFT) beprobt. „Auch wenn wir nicht davon ausgegangen sind, dass das Trinkwasser ab Ausgang Wasserwerk Rheindorf (WWR) durch die Einleitungen belastet wurde, wollten wir diese Möglichkeit durch die Beprobung gänzlich ausschließen“, sagt Thomas Eimermacher, kaufmännischer Geschäftsführer der EVL.

Die Sonderprobe auf Clothianidin und auf Perfluorierte Tenside (PFT) hat die EVL gemacht, da sie nicht auf der Liste der laut Trinkwasserverordnung (TVO) zu beprobenden Stoffe stehen. Die deutschen Wasserversorger können nicht alle vorkommenden Stoffe beproben, da bei Tausenden möglichen Stoffen, Aufwand und Ertrag in keinem Verhältnis stehen. Daher wird immer auf die Stoffe hin beprobt, welche die TVO vorgibt (beispielsweise Nitrat) und die im Einzugsgebiet der jeweiligen Wasserversorger vorkommen könnten. Bei der Festlegung der weiteren Stoffe arbeiten die Wasserversorger auch mit dem Amtsarzt des Gesundheitsamts zusammen.

Die Proben wurden am Zulauf des Currenta-Wassers in das Rheindorfer EVL-Wasserwerk und an dessen Werksausgang genommen und im Labor ausgewertet. Alle Werte bei den Polyfluorierten Verbindungen sind weit unterhalb der Leitwerte, nur ein kleiner Teil lag über der Bestimmungsgrenze und war überhaupt messbar. Clothianidin konnte nicht im EVL-Trinkwasser nachgewiesen werden.

Der Prüfbericht zu der Sonderbeprobung, am Trinkwasserausgang des Wasserwerks Rheindorf. Die komplette Analyse zum Download unter obenstehender Verlinkung.

Welche weiteren Erkenntnisse gibt es nach der Einleitung?

Das Umweltministerium hat für den Umweltausschuss im Landtag einen öffentlich einsehbaren Bericht zum Thema erstellt, in dem die Ergebnisse und Entwicklungen nach der Einleitung aus Sicht der Kontrollbehörden zusammengefasst werden. Das Umweltministerium kommt unter anderem zu folgender Bewertung: „Wie bereits ausgeführt, liegen für alle Parameter die Konzentrationen im Rhein an der Messstelle Düsseldorf-Flehe unterhalb einer Konzentration von 0,05 μg/L und damit unterhalb der Trinkwasserzielwerte. Durch die mehrtägige Untergrundpassage vom Rheinufer bis zu den Förderbrunnen der Wasserversorgungsunternehmen können viele Schadstoffe bereits abgebaut werden. Durch Zumischung von landseitigem Grundwasser in den Fassungsanlagen erfolgt eine weitere Verdünnung. Das geförderte Rohwasser wird anschließend in mehrstufigen Aufbereitungsanlagen zu Trinkwasser aufbereitet. Auswirkungen der erfolgten Einleitungen in den Rhein auf die Trinkwasserversorgung entlang des Rheins sind daher unwahrscheinlich. Diese Einschätzung wird von Wasserversorgungsunternehmen im unmittelbaren Abstrom der Einleitstelle geteilt. Zur Absicherung dieser Einschätzung wurden Anfang Januar 2022 Roh- und Trinkwasserproben
entnommen, die auf Clothianidin untersucht werden. Die Untersuchungsergebnisse liegen derzeit noch nicht vor.“

Zum Stoff Clothianidin liegen der EVL interne Daten der Currenta vor, die Anfang Januar 2022 gemessen hat. Demnach liegt die Clothianidin-Konzentration im Rohwasser der Rheinufer-Brunnen vor der Aufbereitung unter der Bestimmungsgrenze und damit ebenfalls weit entfernt vom Grenzwert. Die Currenta hat am 27. Januar zudem über eine unabhängige gutachterliche Stellungnahme informiert. Inhalt: „Die berechneten Clothianidin-Konzentrationen im Rheinwasser unterschreiten den Grenzwert der Trinkwasserverordnung von 0,1 µg/l pro Pflanzenschutzmittel-Wirkstoff im gesamten Betrachtungszeitraum vom 27. Juli 2021 bis zum 11. Januar 2022 deutlich.“

Warum ging die EVL vor der Probe nicht von einer Verunreinigung aus?

Schon im Vorfeld der Sonderbeprobung hatten die EVL-Trinkwasserexperten eine mögliche Belastung für nicht sehr wahrscheinlich gehalten. Dagegen sprach schon die Tatsache, dass das eingeleitete Wasser aus der Currenta-Kläranlage verdünnt war und die Einleitung in der Rheinmitte erfolgte. In den Zonen am Hitdorfer Rheinufer, in denen die Currenta das Rheinuferfiltrat gewinnt, fließt eher Wasser, das aus der südlich darunter mündenden Wupper in den Rhein strömt. Zudem ist Rheinwasser nicht gleich Rheinuferfiltrat: Die Currenta gewinnt das Wasser nicht direkt aus dem Rhein, sondern aus dem Boden des Ufers. Das Rohwasser aus dem Rhein wird beim Passieren der Bodenpassagen gereinigt. Sobald es im Wasserwerk der Currenta in Hitdorf ankommt, wird es durch Aktivkohlefilter aufbereitet, bevor es als Trinkwasser zum EVL-Wasserwerk Rheindorf weitergeleitet wird. „Die Aktivkohlefilter entfernen PFT so gut, dass viele Werte niedriger als die Nachweisgrenzen sind“, sagt Alexander Boßhammer, EVL-Trinkwasserexperte. Im Wasserwerk Rheindorf der EVL wird das Currenta-Wasser zusammen mit den anderen Trinkwässern ein weiteres Mal aufbereitet.

Wer bekommt welches Trinkwasser aus welchen Bezugsquellen?

Leverkusen wird mit verschiedenen Trinkwässern versorgt. So bekommen viele Stadtteile ihr Trinkwasser direkt oder über den Wasserturm aus der Großen Dhünntalsperre. Die nord-westlichen Stadtteile beziehen ihr Trinkwasser aus dem 1902 errichteten Wasserwerk Rheindorf. Das fördert zwei Drittel der Abgabemenge über Brunnen direkt aus dem Grundwasser. Rund ein Viertel des Trinkwassers ab Ausgang Wasserwerk Rheindorf stammen zudem aus der Großen Dhünn-Talsperre. Dazu kommen aber auch sieben Prozent aus dem Hitdorfer Currenta-Wasserwerk – aktuell der Grund für zahlreiche besorgte Anrufe. Einen Überblick, wer welches Trinkwasser bekommt, bietet haushaltsscharf das Trinkwasser-Portal der EVL. Einfach die eigene Adresse eingeben und alle weiteren Infos stehen in der aktuellen Trinkwasseranalyse.

Die Aufteilung der verschiedenen Trinkwässer im Stadtgebiet.

Warum bekommt die EVL Trinkwasser von der Currenta?

Nachdem es in den 1960er- und 1970er-Jahren zu Engpässen kam, entschieden sich die damaligen Verantwortlichen dafür, die Trinkwasserversorgung Leverkusens auf mehrere Säulen zu stellen. Mit dem Wasser aus der Großen Dhünn-Talsperre und dem Grundwasservorkommen aus dem Wasserwerk Rheindorf stehen den Leverkusenern ausreichende Trinkwasser-Vorräte zur Verfügung. Eine dritte Säule im Wasserversorgungskonzept Leverkusens stellt das Currenta-Wasserwerk in Hitdorf dar. Fallen die beiden anderen Säulen weg, können die Leverkusener übergangsweise auch mit dem Currenta-Wasser versorgt werden.

Wie sicher ist das Grundwasser aus dem Wasserwerk Rheindorf?

Viele Trinkwasser-Kunden stellen sich nicht nur die Frage, ob das Rheinuferfiltrat in Ordnung ist, sondern haben Sorge um das Leverkusener Grundwasser. Diese Sorge ist – wie auch beim Rheinuferfiltrat – jedoch unbegründet: „Unser Grundwasser-Einzugsgebiet für das Wasserwerk Rheindorf liegt zudem weit entfernt vom Rheinufer und hat seinen Einzugsbereich im Bereich Rheindorf/Reusrath“, sagt Alexander Boßhammer. Das Grundwasser fließt, aus dem Bergischen Land kommend, in Richtung Rhein und wird vorher in Rheindorf von der EVL mit Brunnen gefördert. Durch die Fließrichtung zum Rhein ist das Grundwasser aufgrund des Gefälles mit einer natürlichen Barriere geschützt und es kann vom Rhein aus kein Wasser in Richtung der EVL-Trinkwasserbrunnen fließen. Eine Beeinträchtigung durch die Rauchgase nach der Currenta-Explosion oder durch das Hochwasser konnte die EVL ebenfalls ausschließen.

Die Wasserschutzzonen des EVL-Wasserwerks Rheindorf.

Wie beprobt die EVL im Tagesgeschäft?

Im Tagesgeschäft führt die EVL rund 200 Beprobungen an verschiedenen Messstellen im gesamten Stadtgebiet durch. Einmal jährlich oder bei Änderungen in der Trinkwasserzusammensetzung veröffentlicht die EVL ihre allgemeine Trinkwasseranalyse im Trinkwasser-Portal, so auch die aktuelle Analyse aus dem Wasserwerk Rheindorf. „Die Trinkwasserverordnung und die daraus resultierenden Kontrollen machen das Trinkwasser in Deutschland zu einem streng kontrollierten Lebensmittel“, so Boßhammer weiter.